Introspektion

Gottesteilchen

Als Nicht-Physiker werde ich oft oft gefragt: Herr Halbmast, was sind denn eigentlich Gottesteilchen? Es ist alles so schrecklich kompliziert! Nun gut, probieren wir eine Antwort ohne das übliche Fachchinesisch.

Bekanntermaßen ist Gott tot. Toter kann man gar nicht sein. Moderne Physiker gehen davon aus, dass er vor cirka 13 Milliarden Jahren bei einer sehr, sehr großen Explosion (standortabhängig: bei einer sehr, sehr kleinen Implosion) das Zeitliche segnete. Schuld an dieser Explosion, bzw. Implosion war er wahrscheinlich selber. Man vermutet einen unsachgemäßen Umgang mit Chemikalien, aber sicher ist das nicht.

Nun gilt in der Physik – anders als in der Finanzwirtschaft -, dass von nichts nichts kommt und dass andererseits immer etwas etwas bleibt und nicht einfach plötzlich nichts wird. Das geht nämlich gar nicht, sagen die Fachleute.

Und genau deshalb, weil etwas immer etwas bleibt, haben Physiker auch immer gedacht, dass irgendetwas von Gott übriggeblieben sein muss und das dieses Irgendetwas durch die Gegend fliegen muss und klitzeklein sein muss und nicht mit dem bloßen Auge zu sehen ist.

Deshalb wurde gigantische Lupen konstruiert, mit denen man genaustens beobachten kann, was passiert, wenn man aus ganz gewöhnlicher Materie Kleinholz macht.

Und siehe da: wenn man genügend Gewalt anwendet, wenn man Materie nur feste genug zerdeppert, dann flüchten Mini-Mini-Mini-Teilchen mit Heiligenschein von dannen. Eben die sogenannten Gottesteilchen.

Gott, bzw. was von ihm übriggeblieben ist, hat sich also 13 Milliarden Jahre, 13 lange Milliarden Jahre im Detail versteckt. Sozusagen.

 

PS.
Achtung! Gottesteilchen kann man nicht kaufen! Entsprechende Angebote einer bekannten mexikanischen Online-Bäckerei sind absolut unseriös. Die Dinger bestehen zu 100 Prozent aus Hefe und Hühnersand.

An Bord bleiben (MS Finnlady)

Aber ich bin an Bord geblieben.

Ich habe mich auf meine Koje verfügt und nachgedacht. Als mir das zu langweilig wurde, begann ich meine Umwelt (vice versa mich selbst) achtsam wahrzunehmen, exakt so, wie es heutzutage überall empfohlen wird: Nehme deine Welt achtsam wahr! Nehme deine Welt achtsam wahr und lasse dich nicht von vorgefertigten Meinungen narren!

Nun, die Kabine vermittelte eine merkwürdig Retro-Anmutung, auf die ich jetzt nicht näher eingehen möchte. Das Licht war eine Mischung aus Funzel und Neon. Die Matratze war durchgelegen von Truckern und Truckerliebchen, der Schiffsdiesel brummte und das Meer gebärdete sich unbändig. Offensichtlich reagierte die Ostsee allergisch auf Landratten wie mich. Vielleicht hatte sie aber auch nur einen schlechten Tag. Gleichwie mir fiel da etwas auf, etwas Erstaunliches. Die Schiffsspitze hob und senkte sich im Rhythmus der Wellen, aber sie hob sich stets deutlich weniger als dass sie sich senkte! Dies ließ nur zwei Rückschlüsse zu. Entweder war die Fähre im Begriff zu sinken oder aber wir fuhren bergab! Da keine Alarmglocken läuteten, vermutete ich Letzteres. Ich schätzte die Differenz auf ungefähr 35 Zentimeter. Was konservativ geschätzt war! Rechnet man nun 6 Wellen pro Minute bei einer 30 stündigen Rückfahrt, dann ergibt sich daraus, dass Rostock 3.780 Meter tiefer als Helsinki liegt.

Dies war einer dieser unbezahlbaren Alexander-von-Humboldt-Momente und ich habe sofort eine Skizze angefertigt, in der Erkenntnis und Erlebnis anmutig korrelieren:

Skizze