Nicht dass ich von beidem etwas verstünde, aber ich halte weder vom Putzen viel noch von der sogenannten Installations- und Konzeptkunst. Während dem Putzen jedoch wenigstens Nutzen, wenn nicht gar Notwendigkeit zukommt, fällt mir für Installations-und Konzeptkunst keine rechte Entschuldigung ein. Weitschweifige Erläuterungen von Kunstkritikern und Kuratoren helfen da wenig: ich kann partout in keine Bedeutsamkeitstrance verfallen, wenn ich schmutzige Badewannen oder eingelegte Tigerhaie sehe. Ich sehe da nur willkürliches Gewerk und Dünnbrettbohrerei. Der Fehler mag bei mir liegen, aber mich langweilen viele Formen der modernen Kunst nicht weniger als mich der klassische Hausputz anödet.
Hingegen weist das traditionell angespannten Verhältnis von Installationskünstlern und Reinigungskräften, bzw. Hausmeistern einen durchaus beachtlichen Unterhaltungswert auf. Seit der hochplausiblen Entsorgung von Beuys‘ Fettecke haben sich auf beiden Seiten Misstrauen und Missverständnisse angehäuft und schlussendlich – zum Vergnügen unbeteiligter Beobachter – die Grundlage einer veritablen Gegnerschaft gebildet. Aus Sicht der Reinigungskräfte stellen die Künstler mit den Abfallprodukten ihrer Genialität die vertraglich definierten Putzflächen zu und erschweren solchermaßen mutwillig ihre ohnehin schon schlecht bezahlte und schlecht gedankte Arbeit. Aus Sicht der Künstler droht das rabiate Vorgehen der Putztrupps nicht nur die Substanzlosigkeit ihrer Objekte zu kompromittieren, sondern sie befürchten natürlich auch nicht ganz zu unrecht, dass irgendein Einfaltspinsel eines schönen Tages die Reinigungsarbeiten selbst als Meta-Kunst hochtheoretisiert.
Man möchte meinen, in einer solch hochexplosiven Situation, agierten die verfeindeten Parteien vorsichtig und mit Bedacht. Doch das ist gottlob nicht der Fall.
So ist es in einer Mannheimer Kirche laut SPON unlängst zu einer Neuauflage des ewigen Kampfes zwischen Ratio und Gefühl, Ordnung und Chaos, Putze und Muse gekommen. Unter dem Vorwand moralischer Zweckdienlichkeit, hat die bekannte Konzeptkünstlerin Romana Menze-Kuhn – Offensichtliches andeutend – das Leid von Flüchtlingen metaphorisiert und dabei ist dann eine Installation rausgekommen. Aus Sorge gegen das Sachlichkeitsgebot zu verstoßen, verzichte ich darauf, das Kunstwerk näher zu beschreiben – wer gesunde Nerven hat, kann ja in dem verlinkten Artikel selber nachlesen.
Jedenfalls kam bei Behausung 6/2016 nach dem freimütigen Bekenntnis der Künstlerin ausgiebig Kleber zum Einsatz, so dass 1. die verwendete Alufolie nicht alleine vom Staunen der Zuschauer wegfliegen konnte und 2. die Putzfrau abends schön viel Arbeit hatte, das Zeug vom Boden zu lösen! Man fragt sich angesichts dessen, ob so ein bisschen Kultur so viel Schikane rechtfertigt. Ich persönlich habe da Zweifel.
Als am nächsten Morgen Frau Romana Menze-Kuhn Reste ihrer Installation in der kirchnahen Mülltonne vorfand, wahrte sie sich ihre Empörung für spätere Zeitungsinterviews auf und bewies spontan, dass Kreativität und praktischer Sinn nicht weniger vereinbar sind als Beruf und Kinder: Kunst ist, was zur Kunst erklärt wird und so integrierte sie einer Eingebung folgend die mit Goldfolie drapierte Mülltone in die Restinstallation, die sich nun Behausung 6a/2016 nennt und natürlich eine völlig neue Bedeutung hat.
Vermerkt sein noch, dass dem Vorfall ausnahmsweise keine Schadensersatzklage anhängt, was aber hoffentlich nicht auf einen sich abmildernden Antagonismus von Künstlern und Reinigungspersonal hinweist. Denn wie wir alle wissen, entsteht wirklich Großes nur im Kampf und Zwist und nie beim gemeinsamen Verzehr von Eierkuchen.
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