Month: Februar 2016

Muggel-Hermine

Josephine, 7 jahre, befindet sich derzeit im obligatorischen Harry-Potter-Fieber. Eben erklärt sie mir, sie sei „quasi eine Muggel-Hermine“! Ich bin von ihrer Formulierung begeistert, verstehe sie aber nicht. Quasi eine Muggel-Hermine?

Ja, antwortet sie, ich bin schlau und passe immer in der Schule auf , aber ich kann leider nicht zaubern.

Erklärvideos: Gravitationswellen

Schwerverständliches einfach erklärt! Kein Motto könnte trefflicher den Service beschreiben, den Urknall und Dingsbums seinen Lesern bietet. Nach der Entdeckung der sogenannten Gravitationswellen erreichen uns immer mehr besorgte Anfragen bezüglich des physikalisch/philosophischen Gesamtzusammenhangs und der Sicherheitslage im Universum überhaupt. Als Reaktion auf die Verunsicherung unserer Leser, möchten wir mit Fachinformation in unterhaltsam aufbereiteter Manier kontern. Von Gravitationswellen droht keine Gefahr – gefählich kann uns nur Unwissenheit werden!

 

Erklärvideo 1:

 

Erklärvideo 2:

Gravitationswellen

5,1 Sigma! Na und? War doch klar, dass es Gravitationswellen gibt! Kein vernünftiger Mensch konnte je daran zweifeln. Jeder, der schon einmal um 4 Uhr morgens wach im Bett lag, konnte doch ihr Wummern spüren. Die Frage war doch nicht, ob es Gravitationswellen gibt, sondern wie sie genau aussehen. Und in diesem Punkt herrscht doch immer noch eine große Verwirrung!

Siegel Online zufolge sehen sie so aus:

Numerische Simulationen: Zwei Schwarze Löcher verschmelzen unter Abstrahlung von Gravitationswellen

 

Die Zeit behauptet, sie sähen so aus:

gravitationswellen-Zeitonline

Naturgemäß sieht das Die Welt ganz anders:

Gravittionswellen -welt.de

Man weiß wirklich nicht mehr, was man glauben soll, denn Spektrum der Wissenschaft verbreitet folgendes Bildmaterial:

Grvitationswelle-Spektrum.de

Verdammte Lügenpresse, man weiß wirklich nicht mehr ein noch aus!

Nomen est omen

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält das Beschränken von Bargeldzahlungen für verfassungswidrig. „Dies wären nicht gerechtfertigte Eingriffe in Freiheitsrechte, nämlich in die Vertragsfreiheit und Privatautonomie“, sagte Papier der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Wenig überraschend. Wenn ich PAPIER hieße, sähe ich das auch so.

-Geld…? mit einer Stimme, die raschelte.
-Papier, ja.

William Gaddis, J.R.

 

Raumpflege und Katharsis

Nicht dass ich von beidem etwas verstünde, aber ich halte weder vom Putzen viel noch von der sogenannten Installations- und Konzeptkunst. Während dem Putzen jedoch wenigstens Nutzen, wenn nicht gar Notwendigkeit zukommt, fällt mir für Installations-und Konzeptkunst keine rechte Entschuldigung ein. Weitschweifige Erläuterungen von Kunstkritikern und Kuratoren helfen da wenig: ich kann partout in keine Bedeutsamkeitstrance verfallen, wenn ich schmutzige Badewannen oder eingelegte Tigerhaie sehe. Ich sehe da nur willkürliches Gewerk und Dünnbrettbohrerei. Der Fehler mag bei mir liegen, aber mich langweilen viele Formen der modernen Kunst nicht weniger als mich der klassische Hausputz anödet.

Hingegen weist das traditionell angespannten Verhältnis von Installationskünstlern und Reinigungskräften, bzw. Hausmeistern einen durchaus beachtlichen Unterhaltungswert auf. Seit der hochplausiblen Entsorgung von Beuys‘ Fettecke haben sich auf beiden Seiten Misstrauen und Missverständnisse angehäuft und schlussendlich – zum Vergnügen unbeteiligter Beobachter – die Grundlage einer veritablen Gegnerschaft gebildet. Aus Sicht der Reinigungskräfte stellen die Künstler mit den Abfallprodukten ihrer Genialität die vertraglich definierten Putzflächen zu und erschweren solchermaßen mutwillig ihre ohnehin schon schlecht bezahlte und schlecht gedankte Arbeit. Aus Sicht der Künstler droht das rabiate Vorgehen der Putztrupps nicht nur die Substanzlosigkeit ihrer Objekte zu kompromittieren, sondern sie befürchten natürlich auch nicht ganz zu unrecht, dass irgendein Einfaltspinsel eines schönen Tages die Reinigungsarbeiten selbst als Meta-Kunst hochtheoretisiert.

Man möchte meinen, in einer solch hochexplosiven Situation, agierten die verfeindeten Parteien vorsichtig und mit Bedacht. Doch das ist gottlob nicht der Fall.

So ist es in einer Mannheimer Kirche laut SPON unlängst zu einer Neuauflage des ewigen Kampfes zwischen Ratio und Gefühl, Ordnung und Chaos, Putze und Muse gekommen. Unter dem Vorwand moralischer Zweckdienlichkeit, hat die bekannte Konzeptkünstlerin Romana Menze-Kuhn – Offensichtliches andeutend – das Leid von Flüchtlingen metaphorisiert und dabei ist dann eine Installation rausgekommen. Aus Sorge gegen das Sachlichkeitsgebot zu verstoßen, verzichte ich darauf, das Kunstwerk näher zu beschreiben – wer gesunde Nerven hat, kann ja in dem verlinkten Artikel selber nachlesen.

Jedenfalls kam bei Behausung 6/2016 nach dem freimütigen Bekenntnis der Künstlerin ausgiebig Kleber zum Einsatz, so dass 1. die verwendete Alufolie nicht alleine vom Staunen der Zuschauer wegfliegen konnte und 2. die Putzfrau abends schön viel Arbeit hatte, das Zeug vom Boden zu lösen! Man fragt sich angesichts dessen, ob so ein bisschen Kultur so viel Schikane rechtfertigt. Ich persönlich habe da Zweifel.

Als am nächsten Morgen Frau Romana Menze-Kuhn Reste ihrer Installation in der kirchnahen Mülltonne vorfand, wahrte sie sich ihre Empörung für spätere Zeitungsinterviews auf und bewies spontan, dass Kreativität und praktischer Sinn nicht weniger vereinbar sind als Beruf und Kinder: Kunst ist, was zur Kunst erklärt wird und so integrierte sie einer Eingebung folgend die mit Goldfolie drapierte Mülltone in die Restinstallation, die sich nun Behausung 6a/2016 nennt und natürlich eine völlig neue Bedeutung hat.

Vermerkt sein noch, dass dem Vorfall ausnahmsweise keine Schadensersatzklage anhängt, was aber hoffentlich nicht auf einen sich abmildernden Antagonismus von Künstlern und Reinigungspersonal hinweist. Denn wie wir alle wissen, entsteht wirklich Großes nur im Kampf und Zwist und nie beim gemeinsamen Verzehr von Eierkuchen.

Ohrwurm

I‘ve been chasing ghosts and i don’t like it…

Sehr geehrter Mr. John Cale,

Ich schätze sie schon seit vielen Jahren als Großmeister der beschwingten Nahtoderfahrung, Music for a new society gehört zweifellos zu meinen Allzeit-Lieblingsalben und stellt einen epochalen und unverzichtbaren Meilenstein der Depressionsvertiefung dar und Mr. John Cale, ich weiß auch, dass sie die Behelligung durch Fans eher weniger goutieren, man soll sie in Ruhe lassen, sie wollen ihre Ruhe haben, ich verstehe das.

Aber sehen sie, Mr. Cale, genau das will ich doch auch! Und deshalb möchte ich sie herzlich bitten, aus meinem Oberstübchen zu verschwinden, denn ebenda intonieren sie seit geschlagenen zwei Stunden unablässig Dying on the vine.

Bitte, Mr. John Cale, lassen sie es gut sein. Der Song ist klasse, niederschmetternd intensiv, ich mag ihn sehr – aber jetzt ist Schluss, ja? Normalerweise kann ich mein Gehirn auf Fingerschnipp vakuumieren, kann ich auf Kommando vergessen und sogar vergeben, nur heute morgen, da klappt das leider nicht. Ich will jetzt wirklich, wirklich nichts mehr von Acapulco und ihrer werten Frau Mama hören.

I wish someone would show me where to draw the line

Genau, show me where to draw the line. Und wissen sie was, sie Exil-Sonnenschein sie, dieser someone bin ich: ziehen sie Leine. Kein Dying on the vine mehr. Schluss, aus, Ende.

Ansonsten müsste ich jemanden bitten, unverzüglich die Notbremse zu ziehen, d.h. mir mit dem Hammer auf die Rübe zu donnern.

Mit freundlichen Grüßen,
Halbmast