Author: Halbmast

Bange Heimkehr

Als die, die vieler Franzosen Städte gesehen und welsche Unsitten gelernt hatten,
die schroffer Felsen Gefahr entgangen, kataleptischen Stränden entflohen waren,
als die also, die der aufgepeitschten See getrotzt und die Wolkenberge konsumiert hatten,
die auf den teuren Straßen so viele unnennbare Leiden erdulden mussten,

als die Vielgereisten sich ihrem halb-vermissten Heim näherten,
als die Vielgeprüften schließlich ihre schweren Lider lüpften,
sahen sie ihr Haus und sie sahen, zur basser Verwunderung, dass es immer noch stand!

Nicht abgebrannt war es und nicht niedergerissen und nicht geschleift!
Und da sie es noch stehend sahen, erglomm Hoffnung in den Kohlenflözen ihres Sinnens.
Dass der Sohn, der Testosterongetriebene, der 16 Lenze-Herkules, der wegen Bocklosigkeit zurückbleiben wollte,
der zu Katzenfütterungszwecken zurückbleiben musste,

dass der garstige Sproß und seine Freundeshorden nicht allzu arg, nicht allzu gnadenlos ihr Unwesen getrieben hatten.
Dass die Zivilisation nicht gänzlich ausgelöscht in seinem wilden Herzen ist!

Und da die Vielgereisten in den Flur traten und ihren keine Opiumdüfte, keine Stehkneipen-Miasmen, kein Rückverdauungs-Odeurs zuwehten,
und da sie auf den Sofas keine ruchlosen Metzen vorfanden, da die Bücherregale allesamt noch in Reih und Glied, da der Flachbildschirmfernseher noch am Stück,
da alle Ming-Vasen immer noch orginal-gefälscht unzersprungen und das Haus weder Mülldeponie noch Fliegenaufzuchtstation geworden und da auch sonst alles piccobello,

da stoch die Vielgereisten die Furcht wie Dolchstöße, dass etwas nicht mit rechten Dingen…

Doch! Jedoch! Als aber! Und allerdings! Und da…

sie die Küche betraten, die Vielgeprüften, die Leiderprobten, die Guterholten, da flog ihnen der garstige Testosterongesteuerte an die Brust und herzte einen nach dem anderen.
Und auf dem Herd köchelte schon ein herzhaftes Nudelgericht zum Willkommen, Wohlgeruch zog in die Zinken, Freude in die Brust!

So trafen sich der Vielgereisten Blicke zum Triumph, wie perfekt ihr Erziehungskonzept, jene meisterliche Mixtur aus Drohung, Erpressung und billigen Versprechen funktioniert hatte!

Abwesenheitsmeldung

Ich habe leider, leider ganz woanders was zu tun: am Strand muss ich liegen, den Tiden muss ich trotzen, in Hafenspelunken muss ich zechen, Wolken muss ich beobachten, Klippenklettern muss ich tun, Hummer muss ich verzehren, Jakobsmuscheln sowieso, Gedanken muss ich stattfinden lassen, Frau und Tochter bin ich gezwungen ins Meer zu ducken, etc.

Deshalb überlasse ich leider, leider bis zum 16. August diesen Blog seinem Schicksal.

Wer nun bis dahin dringenden, quickie-spontanen Lesebedarf verspürt, dem empfehle ich entweder selber was schreiben oder ersatzweise Goethes Wilhelm Meister, Nietzsches Gesamtwerk (ed. Colli/Montinari) oder schlichtweg George V. Higgins Die Freunde von Eddie Coyle zu entbuchstabisieren. Sozusagen als Urknall und  Dingsbums-Methadon.

Bis dann.

07.07.2010 (WM-Fazit)

Ex post ist alles so gekommen, wie es kommen musste, d.h. es ist ungefähr so gekommen, wie es nicht völlig ausgeschlossen war, dass es kommen würde. Im Nachhinein jedoch hätte man wissen müssen, dass man etwas ahnte. Etwas Pi mal Daumen Unweigerliches ahnte.

Unser Gastgeber hatte eigens für das Halbfinale einen gigantischen Flachbildfernseher gekauft, Hektoliter Bier besorgt und eine robuste Festzeltgarnitur auf der Terrasse aufgestellt. Alles war vorbereitet, alle waren da. Alle heißt: einige Freunde waren da und Steve. Denn das war seit jeher die gültige Definition für alle: einige – irgendwelche einige – plus Steve.

Wir erwarteten ein ausgeglichenes Spiel mit unsicherem Ausgang. Nur unser Freund T. erwartete einen klaren Sieg der Spanier, aber T. ist halt Spanier, gebürtiger Malaganese, und zählte an diesem Abend nicht. Wir ermahnten ihn zur Zurückhaltung während des Spiels, zur ausnahmsweisen Bändigung seines südländischen Temperaments und kündigten ihm bei Mißachtung den sofortigen Rauswurf an. Steve verlieh der Drohung gewohnt dezent Nachdruck: Du hältst ab sofort und für den Rest des Abends die Schnauze, du dreckiger Spanier! Capito?

Von mir abgesehen, tranken alle. Bier, Bier und nochmals Bier. Es wurde gegrillt. Steve hielt wie immer lange Vorträge, diesmal ging es um Buschbrände, geröstete Antilopen und das Hirnvolumen des Frühmenschen und das Grillen als eigentlichen Anfang der Kulturgeschichte. Und das es dem Alpha-Männchen, dh. ihm selbst, vorbehalten wäre, sich das erste Grillgut zu nehmen, etc. In der 73. Minute köpfte Puyol zum 1:0 für die Spanier und wir alle schauten zu T. , der sich nicht mehr traute zu jubeln. Nur ein kleines bisschen jubelt er und diese Zurückhaltung musste man diesem fanatischem, spanischem Kindskopf sehr zugute halten.

Nach dem Spiel waren wir nicht übermäßig frustriert. Die Spanier waren einfach zu stark gewesen, was gab es da zu lamentieren oder zu bedauern? Steve gelang es sogar uns alle einigermaßen aufzumuntern, indem er fortan und lautstark und unaufhörlich die Spanier im Allgemeinen und T. im Besonderen aufs Gröbste beleidigte. Auf seine unvergleichliche Art: mit seiner kraftstrotzenden, fintenreichen Rhetorik, seinen unberechenbaren und entwaffnenden Perspektivwechseln, seinem subtilen Timing, mit dem üblichen Blitzen in seinen Augen und seinem dreckigen, röhrenden Lachen.

Irgendwann schnappte ich ihn mir und fuhr ihn nach Hause. Auf der Fahrt dozierte er, dass es mit den Spaniern bergab ginge und dass unserem Team die Zukunft gehöre. Das sei absolut sicher. Für 2014 prognostizierte er den WM-Titel! Nicht mehr und nicht weniger. Und er würde sich dann – da gäbe es kein Pardon! – den WM-Pokal auf – das sei dermaßen definitiv! – auf sein Glied tätowieren lassen. Jawohl, in Originalgröße! Da wird meine Frau Augen machen! Pass auf, du Spast, sagte er als er austieg, wir werden 2014 Weltmeister.

Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen. Fünf Tage später ist er gestorben. Pass auf, du Spast, wir werden 2014 Weltmeister! Steve glaubte, dass man höchstens die Vergangenheit prophezeihen könne, die Zukunft sei natürlich nicht vorhersagbar. Obwohl ich seine Meinung teile, hat mich der Ausgang der Weltmeisterschaft nicht überrascht. Wer nur ein bisschen Kompetenz im Kopf hat, konnte nichts anderes erwarten. Überraschend waren nur das Drum und Dran, die lästigen Einzelheiten, das Spiel, das dem Ergebnis vorausgehen musste. Überraschend war, dass Schweinsteiger und Kroos und Löw es nicht vermasselt haben.

So wie ich es vorhergesagt hatte.

 

PS. Die anderen angekündigten Aspekte meines WM-Fazits fallen unter Geringfügigkeit und weg.

Ihre Sendung ist da!

Im Briefkasten finde ich eine Benachrichtigungskarte: Ihre Sendung ist da!

DHL

Ich bin wirklich nicht pingelig, aber was ist das für ein Deutsch? Ihre Pakete Liegt  Im Mülltonne. Was soll das heißen? Ihre Pakete Liegt  Im Mülltonne. Versteht man das neuerdings unter Service? Kunden mit vollfetten Grammatikfehlern zu traktieren? Ihre Pakete Liegt  Im Mülltonne. Ist korrekt Sprachgebrauch bei Bros von Zustellung nicht mehr coolmundo?

Ich denke, ich werde mich beschweren. So geht es nicht!

 

PS. Die Pakete lagen tatsächlich voll korrekt in der Mülltonne. Die Verpackung war nicht mehr blütenfrisch und auch nicht mehr geruchsneutral, aber man soll es mit dem Meckern auch nicht übertreiben: Zustellung erfolgt!

PPS. Auch nicht schön: der Aufkleber war falsch herum auf die Karte geklebt. Ich habe mir beim Lesen beinahe das Kopfgelenk ausgekugelt!

Memo an Halbmast

Keine Zeit gerade, deshalb nur die Schlagworte für mein WM- Fazit:

 

1. Die Gaucho-Tanz-Hysterie

2. Was ich alles falsch beurteilt habe

3. Die unsinnige Kritik am „Wir“

4. Der fatale Hang zur Idolatrie

5. Die armen Kommentatoren

6. Jennifer Lopez, Shakira , Helene Fischer: wer war besser?

7. Dank an alle und jeden

8. Ausblick

 

coming soon…bzw. coming demnächst.

Der Sieger ist der Verlierer

Am Sonntag im Estadio do Maracana gegen die Deutschen?

Ich schätze weder die Holländer noch die Argentinier haben ein allzu großes Interesse, ihr Halbfinale zu gewinnen. Wir werden heute deswegen überdurchschnittlich viele Eigentore sehen.

Mein Tipp: 10:11!

Allerdings weiß ich nicht, fūr wen. Ist aber auch vollkommen egal.

1972

Es ist einfach festzustellen, ob jemand etwas von Fußball versteht oder nicht. Man muss nämlich nur fragen, wie groß denn eigentlich das Spielfeld ist. Lautet die Antwort: Na, ungefähr 105 x 68 Meter, dann versteht derjenige absolut nichts vom Fußball. Absolut nichts!

Denn in Wirklichkeit ist das Spielfeld viel, viel größer…

 

Wir, wir schlurften nach der Schule nach Hause und wir hatten nur ein Thema: das Spiel gegen England!

Mein Bruder sagt, sagte mein Klassenkamerad, wir hätten keine Chance.
Ja, die Engländer sind stark, meinte ich.

Die haben einen Torwart, der unüberwindlich ist!
Wie heißt der denn noch mal?

Eh, der heißt Gordon Banks. Das ist der beste Torwart der Welt!
Ja! Von dem habe ich auch schon gehört! Der soll unüberwindlich sein…

Da kann der Overath voll draufschießen – der hält den Ball. Kannste sicher sein!
Ich befürchte auch, dass wir keine Chance haben!

Wenn der Overath frei daraufschießen kann – zwecklos, sag ich dir!
Klar, das sehe ich auch so.

Der Gordon Banks hat eine unglaubliche Sprungkraft. Da kann der Maier nicht mithalten!
Wenn der springt, kann der über die Latte fliegen, präzisierte ich.

Boah, das kann Maier nicht!
Eben, wir haben keine Chance!

Scheiße!
Ja, Scheiße, sagte ich und wir ließen die Köpfe hängen.

 

Gordon Banks

 

Das Spiel ging übrigens 3:1 für uns aus. Die Engländer waren damals schon nicht mehr konkurrenzfähig…

 

De bello Gallico

1. Frankreich ist im Prinzip nichts anderes als eine ermüdende Aneinanderreihung von Péage-Häuschen zwischen dem Rheinland und den bretonischen Atlantikstränden. Ich weiß, dass die Franzosen Geld brauchen, aber warum muss man deswegen alle 5 Minuten die Fahrt unterbrechen? Rache für Wegelagerei!

2. Bei dem Versuch einen Ball, in dem von unserm Toni Schumacher gehüteten Kasten unterzubringen, unterlag der französische Spieler Battiston 1982 dem Irrtum, dies einfach so – ohne jede Konsequenzen – tun zu können. Kurze Zeit später musste er das Spielfeld mit einer leichten Gehirnerschütterung und anderen Blessuren verlassen und zeigt sich deswegen bis zum heutigen Tage unversöhnlich. Obwohl Schumacher sich aufrichtig und von ganzem Herzen für seinen spaßfreien Arbeitsethos entschuldigt hat, nutzt man auf französischer Seite seitdem jede Gelegenheit, diese banale Geschichte der Gnade des Vergessens zu entreißen um sofort zu betonen, dass die Angelegenheit längst vergessen sei. Rache für welsche Doppelbotschaften!

3. Jährlich werden ungefähr 150 Millionen Fröschen die Schenkel rausgerissen, um sie dann in Knoblauch und Butter zu schwenken. Nichts gegen kulinarische Paraphilien, aber ich finde es bedenklich, wenn Rülpser nach Teich riechen. Außerdem mag ich das Quack-Quack aus dem Schilf. Rache für die Frösche!

4. Entgegen dem, was man so sagt und vor allem entgegen dem, was sie selber glauben, sind die Franzosen nicht in der Lage trinkbare Weine herzustellen. Nehmen wir mal das Zeug aus Bordeaux: um den Mangel an Eleganz und Frucht zu verdecken, stecken sie ihre rustikale Plörre in geröstete Fässer und vertrösten ahnungslose asiatische Käufer auf einen fernen, nicht näher festgelegten Moment, in dem die sogenannte „Todessüße“ das Zeug für kurze Zeit genießbar macht. Meistens kommt dieser Moment aber nicht und nimmer und nie, beispielsweise beim 86er Leoville-las-Cases nicht, um den sie seinerzeit mehr Buhei gemacht haben als um Muttergottes Blümchenschlüpfer. Franzosen und Wein? Vergesst es! Rache für meine Geschmacksknospen!

5. Überflüssig zu erwähnen, dass sie das Fußballspielen auch nicht erfunden haben. Sieht schlimm aus, wie der Franzose den Ball traktiert, nichts fürs Auge. Rache für die Beleidigung des Leders!

Die Liste ließe sich natürlich beliebig fortführen. Doch es reicht. Es reicht wirklich. Als Europas zentralste Kulturnation ist es heute ab 18.00 Uhr an uns, dem Franzmann zu zeigen, was wir von all dem halten. Nämlich nichts!

 

4 : 2! (2x Özil, Müller, Klose)