Author: Halbmast

In der Bäckerei

Jenseits des notorischen Weltgeschehens perturbiert derzeit eine Affäre die Gemüter der Kölner, eine Affäre, die geeignet erscheint, das Obergärige in unseren Gurgeln stocken zu lassen. So schlimm ist diese Affäre, so schlimm! Und wie immer, wenn es in unserer schönen Domstadt scheppert oder wenn es um Wesentliches geht, berichtet das hiesige Premium-Informationsblatt EXPRESS in extenso. Und diesmal geht es wirklich um Wesentliches, diesmal geht es um die Frage, in welcher Welt wir eigentlich leben wollen! Genau darum geht es!

In welcher Welt wollen wir eigentlich leben? Wollen wir wirklich in einer Welt leben, in der jungen, attraktiven Bäckereifachverkäuferinnen außergewöhnliches berufliches Engagement mit Entlassung gedankt wird? Wollen wir weiterhin über die Servicewüste Deutschland lamentieren, wenn wir innovative Kundenorientierung als Kündigungsgrund akzeptieren?

Bevor wir diese Fragen seriös beantworten können und wollen, ist es selbstversändlich erforderlich, sich mit den pikanten Details der Affäre zu befassen, damit wir wissen, worum es überhaupt geht. Denn nichts ist unseriöser als Aufregung ohne Hintergrundwissen. Erst dann, wenn wir umfänglich über der Hergang der Vorgänge informiert sind, dürfen wir uns ein Urteil erlauben und nicht vorher! Das sollte jedermann klar sein! Ich bin nicht bereit, hier in diesem Blog von Lesern gelesen zu werden, denen die Bereitschaft zur Sachlichkeit fehlt, da spiele ich nicht mit! Wer der Meinung ist, er könne die genannten Fragen unter Auslassung des Sachkundigmachens beantworten, hat sich in den Finger geschnitten!

Zur Sache also:

Ein Bäckermeister fand es seltsam, dass seine Verkäuferin so selten an der Theke zu sehen war.Deshalb platzierte er morgens in seiner Backstube im Linksrheinischen eine Kamera. Als er abends dann die Bilder sah, blieb ihm seine Schnitte im Halse stecken…

Der Sex-Clip aus der Bäckerei.. Backe, backe Kuchen nur für Erwachsene. Liebe zwischen Mehl und Milch. So nahm das alles seinen Lauf…

„Wenn ich ein paar Besorgungen machte und kurz mal wieder zurück in mein Geschäft kam, war meine Mitarbeiterin vor den Regalen oft nicht sofort zu sehen“, erzählt der Bäcker. „Erst nach ein paar Augenblicken kam sie aus der Backstube nach vorne. Erst dachte ich mir dabei nichts. Aber dann wurde ich doch mal misstrauisch.

So platzierte der Bäckermeister eine kleine Kamera in den hinteren Geschäftsräumen, versteckt in den Regalen. „Das Ding leistete mir schon einmal treue Dienste, als ich sah, wie eine frühere Verkäuferin mit dem Geld aus meiner Kasse ihren Haschisch-Dealer bezahlte.“

Der Bäcker stöhnt auf: „Ja, gutes, ehrliches Personal ist heute verdammt schwer zu finden…“ Auch diesmal führte ein kleiner Clip zum spontanen Jobverlust. Wie das genau kam?

Der offensichtliche Lieblingskunde der hübschen Bäckereifachverkäuferin wartete nicht vorm Tresen, er ging direkt durch in die Backstube. Was dann folgte, war ein Lustspiel in mehren Akten.

Denn die wilde Sexelei wurde immer wieder unterbrochen. Weil – wer hätte das bloß ahnen können? – neue Kunden in den Laden kamen. Von der DingDong-Türglocke alarmiert, zog sich die Frau schnell an, ließ ihren Lover stehen und ging hinter die Theke. War jeder bedient und die Luft rein, kam wieder ihr Lieblingskunde dran…

„Coitus interruptus“ in der Weihnachtsbäckerei. „Klar, dass ich die Frau sofort entlassen musste“, sagt der Bäcker. „Sowas geht einfach nicht.“ (EXPRESS, 19.12.2014)

Tatsächlich? Geht soetwas einfach nicht? Und warum geht es nicht, Herr Bäckermeister? Warum sollte eine Angestellte nicht einfach rumbumsen dürfen in ihrer Arbeitszeit, Herr Bäckermeister? Welcher Schaden ist Ihnen entstanden?

Von der DingDong-Türglocke alarmiert, zog sich die Frau schnell an… Das ist doch der entscheidende Punkt, sie Blödmann! Die Dame zog sich schnell an, sie trödelte nicht herum. Sie zögerte nicht, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen, ließ ihren Lover stehen und ging hinter die Theke zum Zwecke des Brötchenverkaufens. Wessen ist sie nun schuldig, Herr Bäckermeister? Wer an ihrer Stelle hätte sich vergleichbar arbeitsethisch korrekt verhalten? Die meisten von uns – 99,9 Prozent! – hätten doch unbekümmert die DingDong-Klingel dingdongen lassen und selber weiter dingdongt bis zum Gehtnichtmehr! Was gibt es da zu kündigen?

Ich frage nochmal: in welcher Welt wollen wir leben? Nun, da das Informationsgefälle zwischen Verfasser und Leser ausgeglichen ist, möge der Leser selber entscheiden.

 

Die harte Schule der Schwester

Man muss der Missetäterin zugute halten, dass sie heute zutiefst bereut. Auch spricht für sie, dass sie das Dokument ihrer schwesterlichen Schreckensherrschaft uns freiwillig zur Verfügung gestellt hat – Zwang ist in unserer Familie verpönt. Wir haben sie lediglich darauf hingewiesen, dass beim Weihnachtsessen, nicht notwendigweise jeder, bzw. JEDE ein zartes Rinderfilet bekommen muss, schließlich ist am Schnitzel-Tisch immer noch ein Plätzchen frei. Nein, sie hat den folgenden „Vertrag“ – abgeschlossen mit ihrem kleinen, treuen, süßen, vier Jahre jüngeren Bruder – freiwillig rausgerückt. Und sie bereut. Zumindest seit sich die physischen Kräfteverhältnisse zwischen ihr und ihrem Bruder ungünstig für Sie entwickelt haben.

Wir Eltern sind natürlich schockiert. Können schwer nur verstehen, wie sich ein solch ungezügelter Raubtier-Kapitalismus, wie sich eine solch barbarische Ausbeutungs-Lust mitten in unserer Familie entwickeln konnten. Wir machen uns Vorwürfe, unserer Tochter nicht nachhaltig genug Uneigennützigkeit und Respekt eingetrimmt und eingebläut zu haben. Vielleicht hätte man das Kind sogar in ein Erziehungsheim geben müssen!

Doch der kleine Bruder von damals, hat seine Lektion gelernt. Heute studiert er Volkswirtschaftslehre und treibt in seiner Freizeit Kickboxen. Man muss kein Psychologe sein, um die entsprechenden Zusammenhänge zu erkennen.

image

Insbesondere der Passus „Wird der Vertrag von Paul zerrissen(!), muss er 20 Euro zahlen“ ist bemerkenswert perfide,  da die „Arbeitgeberin“ offenbar eine herzergreifend hilflose Reaktion ihres Bruders auf das vertragliche Unrecht antizipierte und diese gleich mit neuer Knebelung belegte!

P.S. Im Original unleserlich: „Ich, Sophia, stelle Paul als Fußhalter(sic!) ein“.

Der Terror der Gleichsteller

141114-shirt_726587a0e1274f7df1ed10392d8bd295

In ein paar Jahren, wenn wir unseren Kindern erklären müssen, warum alles den Bach runtergegangen ist, dann können wir ihnen dieses Photo zeigen. Und ihnen sagen, dass der Mann darauf – ESA Projektleiter Matt Taylor -, im Jahre 2014 tatsächlich dazu gezwungen wurde, sich dafür zu entschuldigen, ein übermütiges Popart-Hemd getragen zu haben, während er der Öffentlichkeit etwas zu einer wissenschaftlichen Mission erzählte. Nein, Kinder, es waren nicht die Islamisten, bei denen der lustige Brummbär sich entschuldigen musste, diese Freaks waren unschuldig an der Hemden-Hysterie.! Es waren die Guten und Gerechten, die vom Anblick seines Hemdes, stellvertretend für alle Frauen dieser Welt,  zutiefst verletzt wurden und die ihn zum mea culpa nötigten. Die waren es. Nicht die Islamisten.

Mauerfall

Deinen herrschenden Gedanken will ich hören und nicht, dass du einem Joch entronnen bist.

 

Wenn ich damals, im November 89, geahnt hätte – auch nur ansatzweise geahnt hätte -, dass 25 Jahre später die Frage Und wo warst du als die Mauer fiel? zum gefühligen Volkssport avancieren würde, dann wäre ich seinerzeit ganz zweifellos sofort zu einer Großwildjagd nach Ostafrika oder aber zum Dynamitfischen an den Klondike aufgebrochen. Rechtzeitig jedenfalls, bevor hierzulande die Massenhysterie entbrennen sollte. Auch hätte ich dann heute eine deppenplausible Erklärung dafür, warum ich eigentlich nichts mitbekommen habe damals, am 9. November. Denn genau das habe ich: fast nichts mitbekommen.

Ich erinnere mich nur noch düster, das ich Zuhause war, einfach nur Zuhause – kein Gnu vor meiner Kimme, kein Lachs, der flußabwärts trieb! – und die Meldungen von Tagesschau zu Tagesschau beängstigender und deprimierender wurden! Irgendwann dann sah ich die Bilder: abertausende DDR-Bürger, die ins Licht strömten, Menschen mit fürchterlichen Frisuren und grauenhaften Klamotten und verständlichen Hoffnungen. Wer edlen Gemüts war, musste sich da freuen! Wenn es um Die-Da-Drüben ging, dann war seit jeher Betroffenheit Teil der bundesrepublikanischen Staaatsräson, jetzt kam knallplötzlich auch noch helle Freude hinzu. Ich aber freute mich keineswegs, denn ich erkannte sofort die machtstrategische Wirklichkeit. Jahrzehntelang war der Ostblock bemüht, die “freie” Welt von der Freiheit zu befreien, militärische oder ökonomische Optionen dazu hatten sie nicht mehr, also versuchten sie es schließlich mit psychologischer Kriegsführung. Sie öffneten die Grenze!

Erfahrungen mit der kulturellen Destabilisierung des Westens hatten sie ja schon 1976 gesammelt, als sie einen komplett infantilen, wirrköpfigen und talentfreien Protestklampfer ausbürgerten, der hier dann entsprechend der ideologischen Mechanik jener Tage prompt zu einem ernstzunehmenden Künstler und Oppositionellem erklärt werden musste! Womit sich das hiesige System der Lächerlichkeit preisgab und genau dies war ja auch Zweck der Übung. Man konnte den Typen im Politbüro einen gewissen Sinn für Humor nicht absprechen!

Und dann 89 eine ähnliche Strategie, nur noch subversiver, noch perfider und in einem ganz anderen Maßstab. Diesmal überließ man dem Westen gleich ein ganzes Land inklusive Bevölkerung, sollte der Westen doch zusehn, wie er mit der DDR fertig würde! Viel Vergnügen auch!

Natürlich machten ich mir Sorgen wegen denen von Da-Drüben, vor allem deshalb, weil meine Frau schwanger war damals und wir nicht wussten, ob DIE es mit ihren Trabis bis ganz zu uns nach Westdeutschland schaffen würden! Vorerst fühlten wir uns sicher, aber es war klar, früher oder später würden DIE auch bis ins Rheinland vordringen! Und dann? Welche Zukunft erwartete meine zukünftige Erstgeborene? Eine mit denen von Drüben?

All das ging mir durch den Kopf, als im Fernseher mit Deutschlandfahnen gefuchtelt wurde und Pullen Rotkäppchen-Brause geköpft wurden. Und ich dachte, dass es das wohl war mit der sozialen Marktwirtschaft und vielleicht sogar mit der Zivilisation. Gefreut habe ich mich nicht, so nett war ich nicht und auch nicht so naiv. Aber Genaues erinnere ich nicht. Das muss Verdrängung sein.

Ausmisten

Irgendwann reicht’s. Ich bin ein geduldiger und wertschätzender Mensch, aber irgendwann ist Schluss. Meine Bücherregale sind doch kein Depot für literarische Koprolithen!

Handke, Grass, Bachmann, Johnson und wie sie alle heißen. Kriegsversehrte Langeweiler, Stümper, Wichtigtuer und Wirrköpfe – viel zu lange fingen ihre Werke in der zweiten Reihe Staub. Brasch, Brinkmann, Wondratschek – ich will mich nicht erinnern!  Pinget, Butor, Sarraute – wieviel schriftstellerisches Elend kann ein Mensch errtragen? Raabe, Hölderlin, Stifter – ich muss in meiner Jugend unter Schlafstörungen gelitten haben! Oder unter bildungsbürgerlichen Zugehörigkeitsbedürfnis.

Wie kamen all diese Bücher in meinen Besitz? Warum quälte ich mich mit ihrer Lektüre? Warum hielt ich das für notwendig? Wozu die Folter? Warum verließ ich mich nicht auf mein Urteil? Warum ließ ich mich durch die Literaturgeschichten und durchs Feuilleton so täuschen und nasführen? Warum ließ ich mir ungedeckte Schecks andrehen? Warum suchte ich den Fehler bei mir, als diese Bücher mir nichts sagten? Weil ich jung und naiv war? Und später dann, war ich da zu faul, sie zu entsorgen?

Irgendetwas stimmt da nicht mit mir. Darüber muss ich nachdenken.

Fünf volle Umzugskartons stehen jetzt im Flur. Ich war bei der Auswahl noch zu zögerlich, aber es macht Spaß, einen Anfang gefunden zu haben. Andererseits tun mir die Bücher auch ein bisschen leid. Sie können doch nichts für ihre Autoren. Und die Autoren können eigentlich auch nichts für ihre Werke. Und irgendwo tief in diesen Werken, sind ja vielleicht noch klitzekleine Reste übrig, von der Welt vor der großen Interpretation…

Egal. Raus damit!

Maßanzug

Unter der Dusche heute Morgen das komische Gefühl einen Maßanzug zu tragen. Augen geöffnet: kein Anzug an, bin normaler Nackedei! Augen zu: Anzug wieder da. Augen auf: Anzug weg! Schade, war bequem und leicht und schick.

Keine Socken!

Nur einmal angenommen – rein hypothetisch! – man fragte den Ehemann der Mutter der Kinder des gemeinsamen Freundes, was er sich zu seinem anstehenden Ehren- und Freudentag denn wünschte, dann würde dieser gutaussehende, herzensedle, hochintelligente, international renommierte Blogger in der für ihn so typischen sympathischen Bescheidenheit darauf antworten, dass er – von Natur und Schicksal hinreichend beschenkt – 1. schon alles habe und 2. nichts mehr wolle und dass 3. sich seinetwegen niemand in Unkosten stürzen solle!

Wenngleich diese, seine Antwort restlos seiner vornehmen Selbstlosigkeit und konsumkritischen Werteorientierung entspricht und sie zweiflelsfrei bis zum tiefsten Gemütsgrunde hinab als aufrichtig zu bewerten ist, so stellt sich doch die Frage, ob diese, seine Antwort, auch von einem olympischen Standpunkt betrachtet, einhundertprozentig korrekt in der Sache ist.

Und siehe da, sie ist es nicht! Denn es gibt Zahlreiches, was das zukünftige Geburtstagskind doch noch verdammt gut brauchen könnte und was ihm lediglich aufgrund seiner Bescheidenheit (s.o.) nicht in den Sinn kam zu erwähnen, z.B.:

 

– eine Pulle MACALLAN oder GLENFARCLAS oder GLENMORANGIE

– die 3. Staffel HOMELAND auf BluRay

– Stanislas Dehaenes „DENKEN. Wie das Gehirn Bewusstsein schafft“.

– John Lancasters „KAPITAL“

– Allendorfs QUERCUS

– Sacha Arangos „DIE WAHRHEIT UND ANDERE LÜGEN“

– 1,9 kg Wagyu Filet

–  einen EQUUS BASS 770

– einen neuen Rücken

– Joachim Lottmanns ENDLICH KOKAIN

 

Ist es nicht erstaunlich, was alles dem Menschen mangeln kann, selbst wenn er wunschlos glücklich ist, quasi?.