Month: März 2015

Positivperspektive: negative Gewalt!

Der allseits geschätze Urknall-und-DingsbumsKommentator Alaska hat vorgestern mehr Positivperspektiven hier in diesem Blog angemahnt und wo Alaska recht hat, da hat er recht. Es hat ja in der Tat keinen Taug fortwährend miese Stimmung zu verbreiten und Trübsal zu blasen, nur weil nicht alle Blütenträume reiften, nur weil der FC – weit abgeschlagen von den Gladbachern – auf dem 13. Tabellenplatz dahinvegetiert! Es hat keinen Sinn die universale Sinnlosigkeit zu beklagen, wenn uns nichts und niemand davon abhält, genau das Gegenteil zu tun!

Und mal sack-ehrlich: Varoufakis‘ hochgestellter Kragen, der neue Dampfreiniger, das TV-Aus von Andy Berg, die Schleifung Nimruds, Madonnas allzu glimpflicher Bühnensturz, das Putinsche Wachsgesicht, social freezing, alkoholfreies Bier, die Existenz flächendeckender Flachexistenz, Jakob Augsteins Palaver – alles was uns fertig macht, macht uns doch gar nicht wirklich wirklich fertig! Die meisten Probleme kann man sich problemlos schönsaufen! Und weil man sie sich absolut problemlos schönsaufen kann, kann man sogar problemlos darauf verzichten, sie sich schönzusaufen! So ist das, ihr Spackos, genau so!

Alles ist schlecht und alles wird noch schlechter, alles ist Masse und Masse ist optimal schlecht! Nun ist notorisches Nörgeln nicht ganz ohne Reiz. Schließlich ist gepflegter Kulturpessimismus eine 1a-Distinktionsstrategie um sich vom Mob abzugrenzen. Die kulturelle Konsumation der unteren Schichten, ihr Kreuchen und Fleuchen an sich zu verachten, verleiht dem Kritiker des modernen Lebens ohne große Anstrengungen eine vornehme Position und seinem Dünkel zudem einen hochattraktiven Snob-Appeal.

Tun wir es all diesen hochmütigen Frevlern nicht gleich, wenden wir uns demütig des Alltags Glanz und Gloria zu – jeder Tag ist Sonntag!

Positives muss ich auch gar nicht erst lange suchen, es drängt machtvoll in meinen Sinn. Derzeit lese ich Steven Pinkers „opus magnum“ (Verlagswerbung) Gewalt und bin begeistert wie ermutigend die Weltgeschichte doch aus der Vogelperspektive ausschaut! Dieser Pinker ist ein Havardscher Evolutionspsychologieprofessor mit einer unseriösen Zauselfrisur aber seine Argumentation erreicht beim mir eine Zustimmungsquote von cirka 65%! Höhere Quoten haben eigentlich nur Immanuel Kant und meine Mutter!

Es geht um folgendes. Pinker zeigt, dass im Laufe der Menschheitsgeschichte die Gewalt in allen akzidentiellen, typischen und organisierten Formen – ganz im Gegensatz zu unserer intuitiven Einschätzung! – kontinuierlich abgenommen hat! Die Zivilisationsprozeß ist ein Befriedungsprozeß. Angesichts der scheinbaren Allgegenwart von Gewalt in unserer modernen Welt, angesichts von Kriegen und Völkermorden, mag diese These reichlich gewagt erscheinen – die Zahlen, die Pinker en masse und penibel recherchiert präsentiert, geben ihm aber ganz einfach recht!

Euch allen zuliebe verzichte ich darauf, 1200 Seiten Sachinformation zusammenzufassen, picken wir uns stattdessen ein Detail aus Gewalt heraus und erfüllen wir dann den Auftrag, den die Evolution unseren Gehirnen gab: denken wir weiter!

Die Wahrscheinlichkeit in der gottgeordneten, europäischen Welt des Hochmittelalters Opfer einer Gewalttat zu werden, war statistisch betrachtet 8-10 mal höher als heute! Um es deutlich zu machen: die Wahrscheinlichkeit heutzutage einen über die Rübe zu bekommen, vergewaltigt, gemeuchelt, verbrannt, aufgespießt, aufgeschlitzt, erschossen oder ähnliches zu werden ist um das 8-10 fache geringer!

Nun, wenn das keine Positivperspektive ist, dann weiß ich es nicht! Ich jedenfalls finde es supi!

Doch damit nicht genug. Denkt man den Trend konsequent weiter, dann zeichnet sich für uns alle eine Zukunft ab, in der die Wahrscheinlichkeit Opfer negativer Gewalt zu werden drastisch ansteigt! Wir alle müssen uns darauf gefasst machen statt überfallen und ermordet, demnächst liebkost und beschenkt zu werden. Der Ratschlag, nach Mitternacht dunkle Gassen zu meiden, muss also in nur wenigen Jahren in eine dementsprechende Empfehlung umgewandelt werden!

Wenn Euch auf der nächsten Dinnerparty also ein Zeitgenosse mit dem bevorstehenden Untergang des Zivilisation, der Menschheit und der Schlechtigkeit von sonstwas kujoniert, dann erinnert euch bitte an diese dunkle, lange Gasse, durch die ihr bald gut gelaunt und entspannt schlendern werdet. Immer bereit, spontan beglückt zu werden!