Frühling

Unhaltbare Zustände

Aufgewacht mit dem Gefühl, den 3. Dan in Haiku zu haben.
Ich muss dichten!
Mach das Undurchdringliche klar und das Klare undurchdringlich, sag ich mir!
Schreib irgendwas über Kirschblüte und Grottenolm!
Lass der Poesie ihre fünf Minuten!

Doch als ich am Schreibtisch sitze, hebt draußen übler Radau an.
Junge Winde randalieren in der Botanik.
Böen zerren an Zweigen und schubsen Blüten umher.
Auf den Straßen geraten Toupetträger in Panik.
Der Linienbus gerät ins Wackeln.
Mütter stoßen spitze Schreie aus.
Manches kullert herum, anders scheppert, alles macht schafsblöd.
Die Konzentration ist futschikato.

Schade, ich wollte nur den kommenden Frühling lobpreisen.
Nur ein kleines, legeres Gedicht schreiben.
Aber bei diesen Unbilden, wer kann da noch Haiku!