Battersea Power Station

Gestern bin ich mit dem Zug von Wimbledon nach Waterloo gefahren. Ich war trostlos müde, die Leute im Abteil waren alle mit ihren Smartphones beschäftigt, die Luft war stickig, draußen zogen Vorstädte vorbei, über denen ein unentschlossener Regenhimmel hing. In Earlsfield setzte sich mir ein Mann aus einem anderen Jahrhundert gegenüber, ausgestattet mit Melone, Schirm, grauem Gehrock und einer steifen Oberlippe. Er nickte mir kurz zu, schlug die Beine übereinander und kramte erfreulicherweise kein Smartphone aus seinem Aktenkoffer. Wir beschlossen beide, fortan aus dem Fenster zu schauen. Ich war froh, dass es einen wie ihn noch gab, einen, der aus dem Fenster schaut. Er sollte der Vorbote des Surrealen sein.

Denn dann kam die Epiphanie! Aus dem Zugfenster sah ich plötzlich das Cover von Pink Floyd. Das von der Animals. Das Cover in echt! Ich sah es! Nur das fliegende Schwein, das sah ich nicht. Man kann nicht alles haben.

Natürlich habe ich immer schon gewusst, dass es die Battersea Power Station wirklich gibt, wer weiß das nicht. Aber mir war nicht klar, nicht im Entferntesten, wie wirklich wirklich sie ist. Wie da sie da ist. Sie ist so, wie soll ich sagen…
Wenn ich nicht schon vorher geschwiegen hätte, dann hätte ich in diesem Augenblich angefangen zu scheigen. So ist sie. Existent und verlassen. Als hätte auch sie sich im Jahrhundert geirrt.
Die Battersea Power Station. Und unglaublich: über ihr posierte der Regenhimmel exakt genauso unheilvoll und bedrohlich wie damals auf dem Pink Floyd Cover. Beinahe hätte ich den Mann mit der Melone gefragt, ob ihm eigentlich die Tragweite des Anblicks klar wäre. Aber ich habe es nicht getan.
BatterseaPowerPig

3 comments on “Battersea Power Station

  1. Alaska 28. März 2014 8:50

    Interessant. Das ging mir vor ziemlich genau 25 Jahren ganz ähnlich, als ich eine Woche lang jeden Tag auf der Fahrt von Clapham Junction nach Holborn da vorbeigekommen bin.

    Morgen geht‘ nach Paris, bis Montag. Hoffentlich ist kein Smog mehr und die Flughäfen streiken nicht. Uns wurde ein besonders leckeres japanisches Restaurant avisiert. Gern möchte ich aber auch mal wieder die Bar à vin Le Refuge des Moines besuchen.

    Mal sehen.

  2. Halbmast 1. April 2014 10:22

    „Interessant. Das ging mir vor ziemlich genau 25 Jahren ganz ähnlich, als ich eine Woche lang jeden Tag auf der Fahrt von Clapham Junction nach Holborn da vorbeigekommen bin. “

    Ja, auf der Strecke sieht man die Battersea Power Station noch besser. Mittlerweile bauen die da übrigens Luxusappartements rein, wenn ich recht informiert bin. Würde heute dort ein Cover photografiert, müsste also ein DOG zwischen den Kaminen schweben…

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