Wandelt sittsam am Tage!

Silvester und Neujahr gibt’s bei uns immer Tischgegrilltes. Schnell noch zum Asia-Shop. Sesamöl, Ketjap Medja, Bulgogi Marinade, Ingwer, Höllenschoten kaufen.

Überraschung Nummer 1: die Besitzerin des Ladens ist eine 50-jährige Koreanerin und eigentlich konstant verdrossen. Mürrisch-Sein ist womöglich Teil ihrer Kultur, ich weiß es nicht, keine Ahnung. Ich nehm das seit Jahren einfach hin. Heute ist sie jedoch nicht wiederzuerkennen. Sie hat gute Laune! Sie hat sogar zurückgegrüßt! So etwas hat es noch nie gegeben. Ich bin völlig verunsichert. Doch damit nicht genug.

Überraschung Nummer 2: nach Abwicklung des Bezahlvorgangs gibt sie mir tatsächlich auch noch einen Silvestergruß mit auf den Weg. Guten Lutsch! zwitschert sie mir bestgelaunt hinterher. Ich bleibe wie schockgefrostet stehen. Guten Lutsch? Hat sie das wirklich gesagt? Spricht so der Koreaner in echt? Guten Lutsch?

Ich schaue ihr in die Augen zum Zwecke intentionaler Exploration, doch die bleiben undurchdringlich fröhlich. Nachfragen will ich nicht, dass könnte den Zauber zerstören. Nein, es soll dabei bleiben: sie hat mir einen GUTEN LUTSCH gewünscht und ich finde, dass ist ein guter, ja ein grundgut lebensbejahender Wunsch, den ich gerne an alle Urknall-und-Dingsbums-Besucher weitergebe! Guten Lutsch, Leute!

PS. Ehrlich gesagt, finde ich unseren mitteleuropäischen Guten Rutsch auch nicht weniger schlüpfrig als seine ostasiatische Variante. Jedenfalls nicht in meiner objektiven Interpretation.

7 comments on “Wandelt sittsam am Tage!

  1. Alaska 31. Dezember 2015 16:12

    Ja, danke gleichfalls.

    Wir machen heute bei Freunden spanisch:

    Brot, Oliven mit Anchovis, Chorizo, Aioli, Salsa de tomate, marinierte Pilze, Zwiebeln sauer,
    Thunfischpastete, Gambas Peperoni, Croquetten mit Manchego, Schinken und Lachs, Muscheln,
    Orangengefrorenes, Käse. Also nicht, was Du vielleicht denkst bei spanisch.

    Heute ist das Buch endlich gekommen. Es ist sehr anspruchsvoll: „Die Mengenlehre fängt bei nichts an.“ lautet der erste Satz des Vorwortes. Was ist ’nichts‘?

    Morgen gehen wir in Star Wars.

    • Halbmast 31. Dezember 2015 17:42

      Also nicht, was Du vielleicht denkst bei spanisch.
      Selbstverständlich ging mein erster Gedanke genau in Richtung des Dementis. Das muss so bei mir.

      Was ist ’nichts‘?
      Wahrscheinlich ein Synonym für „Weiß der Geier“.

      • Alaska 3. Januar 2016 11:33

        Wenn ich meine Frau frage, was denn nur wieder los ist, und sie dann ’nichts‘ antwortet, kann ich mich im Allgemeinen auf eine längere Diskussion einstellen …

        Will sagen, was immer mit ’nichts‘ gemeint ist: ‚wenig‘ muss es nicht bedeuten, oder?

        Apropos Konsumverzicht. Weniger ist mehr:

        „Man soll auch die einfachen Dinge im Leben zu schätzen wissen, weshalb ich neulich meine Nase in ein Glas mit schwarzen Pfefferkörnern gehalten und mich darüber gefreut habe, wie sie duften. Nur selten schafft man es ja, morgens vors Haus zu treten und glücklich darüber zu sein, dass die Sonne so schön scheint. Wem es aber gelingt, der führt ein weniger anstrengendes Leben, weil er sich gar nicht erst auf die Suche nach ausgefallenen Genüssen wie Vogelaugenchilis, Tonkabohnen oder Ähnlichem zu machen braucht. Das Rezept für dieses italienische Schmorfleisch – Peposo genannt – ist ein paar Jahrhunderte alt. Damals hatten die Leute noch nicht das Luxusproblem, vor dem Gewürzregal bei Kaisers immer die Orientierung zu verlieren. Es gab noch nicht einmal Tomaten im Florenz des 15. Jahrhunderts. Die vier Zutaten eines Peposo bilden ein Team: Wenn nur eine fehlte, wäre es ein ganz anderes Essen. Und jede einzelne kann wiederum allein nicht viel ausrichten. Aber was ich eigentlich sagen will: Sie benötigen für dieses Gericht nur vier Zutaten, ein bisschen Zeit – sonst nichts, und das Ergebnis schmeckt großartig. Kann man von einem Gericht mehr verlangen? “

        http://www.zeit.de/zeit-magazin/2015/45/peposo-fleisch-pfeffer-wochenmarkt

        Frohes neues Jahr noch.

        • Halbmast 3. Januar 2016 13:39

          „Will sagen, was immer mit ’nichts‘ gemeint ist: ‚wenig‘ muss es nicht bedeuten, oder?“

          Von deiner werten Gattin abgesehn, gibt es ja noch ein weiteres Beispiel für deine These: das Universum! Aufgrund der Äquivalenz von Masse und Energie bringt es summa summarum ja nur wenige Gramm – wenn nicht noch weniger! – auf die Waage. Eben nicht mehr als ein unpässliches Quantenfluktuatiönchen an Masse erlaubt. Eigentlich wiegt also alles fast nichts. Sozusagen. Was erstaunlicherweise das Fast-Nichts nicht davon abhält, ein großes Tamtam zu veranstalten.

          • Alaska 3. Januar 2016 15:44

            Das ist ja noch mal eine ganz andere Geschichte.

            Wie heißt es so schön vom armen Heisenberg? Seine Frau war unglücklich: Wenn er mal die Zeit hatte, fehlte ihm die Energie, hatte er annähernd die richtige Position gefunden, blieb der Impuls im Ungefähren …

        • Halbmast 3. Januar 2016 13:47

          Nach den üppigen Festmahlen der letzten Wochen, scheint mir dieses karge Peposo die richtige Speise für die kommende Zeit. Ich werd’s gleich morgen einmal ausprobieren. Ich muss nur meiner Frau irgendwie verklickern, dass das – zumindest im Prinzip – unter fleischarme Ernährung fällt. Gesundheit ist bei uns nämlich Trumpf!

          • Alaska 4. Januar 2016 19:12

            Das sollte so schwierig ja nicht sein, vermittels ein wenig Mengenmathematik.

            Laut Rezept kommen 600g Fleisch auf sagen wir 800g Wasser, den Anteil der restlichen Zutaten können wir vernachlässigen. Das scheint auf den ersten Blick ein ziemlich hoher Fleischanteil zu sein, aber ein wenig Analyse und ein Vergleich der Molekulargewichte zeigt recht schnell, dass in dem Peposo-Suppentopf dann auf ein Sarkomer-Fleischmolekül 8747 Wassermoleküle kommen!

            Wie kann man sich das anschaulich vorstellen?

            Angenommen, wir hätten 8748 Flaschen mit Wasser, also 729 Kisten á 12 Flaschen, also einen Wasserwürfel von 9 mal 9 mal 9 Kisten, der ist dann 3m lang, 2,5m breit gut 3m hoch. Und eine dieser 8748 Flaschen in dem Würfel wird durch ein Stück Fleisch ausgetauscht.

            Das ist doch dann ein Paradebeispiel von Fleischarmut in dem Würfel, würde ich sagen.

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